Welch’ Extreme: Am gestrigen Freitag wanderte am Bayerischen Bahnhof
der Portikus als Schokoladenvorzeigetermin für den Citytunnelbau in
seine Ausgangsstellung zurück. Am gleichen Tag verabreichten die Städte
Leipzig und Markkleberg sowie betroffene Bürgerinnen und Bürger dem
Eisenbahnbundesamt eine bittere Pille: Seit der Wende hat es in ganz
Mitteldeutschland noch nie einen größeren Bahn-Bürgerprotest gegebenen
als den jetzigen gegen die „netzergänzenden Maßnahmen im Abschnitt
Engelsdorf-Gasch-witz“. Klartext: Damit sich die ICEs überhaupt erst
mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h dem Citytunnel nähern können,
muss die Zufahrtsstrecke aus dem Süden kommend von 2011 bis 2013
tüchtig ertüchtigt werden (hallo! berichtete). Die tausendfachen
Bürgereinwände muss die das Planfeststellungsverfahren durchführende
Leipziger Landesdirektion bis kommenden Freitag über sechs Tage
strecken. Leipzig und Markkleeberg äußerten ihre Bedenken wegen der
geplanten Vollsperrung von Teilabschnitten der Engelsdorf-Gaschwitzer
Strecke.
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Die Markkleeberger Siedler am Wolfswinkel protestieren am
Bahnübergang Equipagenweg auf ihre Weise: Die Pläne der Deutschen Bahn
sind einfach nur zum Ohren zuhalten.
hallo! Foto: AK
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Gerade Markkleebergs Oberbürgermeister Dr. Bernd Klose ist stinksauer
über die Bahnpläne. „Eine im Bauzeitraum in Aussicht gestellte
zehnmonatige Vollsperrung bedeutet im Zehnminutentakt geschlossene
Bahnschranken an der Rat-hausstraße und somit eine Verstopfung der
Stadt“, so seine bekannte Position. Dazu Bahnsprecherin Daniela Bals:
„Die Planung stellt beim Neubau der Brücken sicher, dass nur die
Rathausstraße und die Zöbigker Straße in den Kreuzungsbereichen
gleichzeitig gesperrt werden. Die Überbauten der Eisenbahnüberführung
Breitscheidstraße sollen vorgefertigt und zeitversetzt eingeschoben
werden.“
Scharfen Gegenwind ernten die Bahnpläne auch bei den Anwohnern der als
Waldbahn bezeichneten Westquerung. Sie soll in der Vollsperrungsphase
mit durchschnittlich tagsüber 96 und nachts 32 Zügen den kompletten
Süd-Nord/Nord-Süd-Verkehr aufnehmen – nahezu vollständig ohne vorherige
Schallschutzmaßnahmen. 1.396 Sammeleinwendungen betreffen die
Lärmsorgen der Waldbahn-Anwohner. Weitere ca. 50 Neu-Siedler am
Markkleeberger Wolfswinkel, die bereits jetzt durch stetig
wiederkehrende hohe Umleitungstakte genervt sind, lassen sich durch das
Leipziger Rechtsanwaltsbüro Götze vertreten. Die hallo! vorliegende
Einwandsliste offenbart folgende Rangfolge der Störgründe: 18mal die
Nennung „unsicherer Schulweg“ durch den unbeschrankten Bahnübergang
Equipagenweg, 15mal Lärm, 14mal Schlafstörungen. Und man mag es kaum
glauben: Ein Einwand besagt sogar „Kind mit Behinderung geboren durch
nächtliche Ruhestörungen.“
Laut Bahnsprecherin Bals sind acht Kilometer lange
Schallschutzmaßnahmen im Bereich Engelsdorf – Gaschwitz vorgesehen –
jedoch nicht am Wolfswinkel-Areal. Zum weiteren Procedere: Bei
denjenigen Anhörungspunkten, bei denen Städte oder Bürger mit der Bahn
nicht auf einen Nenner kommen, wird die Landesdirektion nach Auskunft
von Sprecher Stephan Barton „Empfehlungen“ aussprechen. Eine zumindest
wochenlange Entscheidungsverspätung droht.
Text: AK
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